Arsen und Spitzenhäubchen
Die schwarze Komödie der 8. Klasse
„Hier ist es!” Mit diesen Worten reichen die beiden reizenden alten Damen in ihrer reizenden alten Villa in Brooklyn Mr. Witherspoon den Giftbecher – und der Vorhang fällt. Dabei hatte alles so nett begonnen im New York der 1940er Jahre: Ein Kirchensaal war auf der Bühne erschienen mit bunten Glasfenstern und innigem Gesang der Gemeinde, der Pfarrer, der seine Schäfchen hütet.
Wirklich – ein Pläuschchen beim Tee mit dem Pfarrer, Spielzeug für die Kinder des Viertels, Suppe für die kranke Frau des Polizisten – Martha und Abby sind ein wahrer Segen für Brooklyn. Aber nicht alles in diesem spitzenbesetzten Haus ist so wie es scheint. Fast wie im echten Leben haben die beiden alten Schwestern die eine oder andere „Leiche im Keller”. Nur bei ihnen ist diese Redewendung wörtlich zu nehmen – sogar in der Fenstertruhe haben sie eine versteckt. Und die wird zum Amüsement der Zuschauer hin und her geschleppt, im Keller verbuddelt und aus dem Fenster geworfen – und ganz ehrlich, die Leichen haben wunderbar gespielt! Denn eigentlich befinden wir uns in Everswinkel auf der Bühne mit der 8. Klasse, und die gibt alles: Mit einem wunderschönen Sologesang nach NewYork geführt, erleben wir bald in dem Stück Arsen und Spitzenhäubchen die Verwirrungen um Martha und Abby, welche die alten, einsamen Herren Brooklyns aus reiner Nächstenliebe mit ihrem Holunderwein vergiften und von ihrem verrückten Neffen Teddy im Panamakanal („Attackeee!”) – das ist ihr Keller – verscharren lassen.
Nicht genug damit, plötzlich tauchen auch noch die wirklich bösen Jungs auf: der verschollenen Neffe Jonathan mit seinem Komplizen Dr. Einstein, einem Gesichtschirurgen.
Der junge Mortimer, der vermeintlich dritte Neffe im Bunde, ist verzweifelt, schließlich versucht er alles wieder ins Lot zu bringen und dabei noch die hübsche Pfarrerstochter Elaine zur Frau zu gewinnen.
Es ist was los auf der Bühne – wirklich witzige Dialoge, ein grandioser Geistertanz, bei dem die Leichen aus dem Keller steigen und mit Martha und Abby (in herrlichen 1920er-Jahre Kleidern) zu Piano und Saxophon einen Walzer tanzen, Schüler und Schülerinnen, die wirklich Theater spielen und das Publikum mitreißen! Ja, und dann fällt der Vorhang – oder besser das Licht geht aus und zum Abschluss erklingt noch: „Welcome to NewYork ...” von der ganzen Klasse.
Tosender Beifall – Sonntagnachmittag, die Besetzung Spitzenhäubchen hat die letzte Aufführung beendet und dann geht alles ganz schnell: Zack, zack, wird das Wohnzimmer der alten Damen wieder auseinandergenommen, Möbel geschleppt, Stellwände auseinandergezogen, Spitzendeckchen weggezupft – und die Illusion ist vorbei! Aufatmen und Bedauern bei den Beteiligten. Schüler, Lehrer und Eltern hatten wochenlang zusammen gewirkt: geprobt, gebaut, verpflegt, gemalt, kostümiert, geschminkt, Accessoires und Möbel zusammengetragen, Sponsoren gesucht usw. usf. Denn es ist viel zusammengekommen, um etwas zu schaffen. Alle sind an ihre Grenzen gegangen und alle waren Teil davon. Wovon? Tja, diesem Theaterstück, diesem Energiefeld, diesem Geschehen, das uns über Wochen getragen hat und jetzt in uns weiterlebt; in den Kindern, aber auch in uns Erwachsenen, als Erfahrung, als Raum von Begegnung und Kunst, als kreatives Feld, wo man sich vielleicht mal etwas trauen mußte oder durfte, auch als Eltern, und das hat was geschaffen und Spaß gemacht! Eine Schülerin sagte: „Das Besondere war, dass es immer Spaß gemacht hat. Manchmal war es anstrengend, sich wieder auf den Weg zu machen, aber sobald man auf der Bühne stand und probte, hat es einfach immer Spaß gemacht!” – Vielen Dank dafür!
Text: Carina Reupke, Fotos: Johannes Kalsow
In der Zeitung "Westfälische Nachrichten" erschien am 1.6.2019 ein Bericht über das 8. Klass-Spiel: Link zur Zeitung >>